Dreidimensionale Form von Nanopartikeln untersucht

—Silbercluster formenreicher als erwartet—

Ein Forscherteam, darunter Wissenschaftler aus dem Forschungsschwerpunkt Freie-Elektronen-Laser, hat erstmals die dreidimensionale Form isolierter Silbernanopartikel bestimmt. Diese Zusammenballungen aus typischerweise einigen hundert bis zehntausend Atomen besitzen demnach einen viel größeren Formenreichtum als erwartet. Die in »Nature Communications« veröffentlichten Forschungsergebnisse weisen einen Weg zu neuen Forschungsansätzen wie die direkte Beobachtung von Phasenübergängen und anderer schneller Veränderungen in Nanopartikeln. Darüber hinaus kann die Bestandsaufnahme der Formen nützlich sein, um neuartige Nanomaterialien maßzuschneidern.

Freie-Elektronen-Laser wie FLASH in Hamburg dienen in Röntgenbeugungsexperimenten als eine Art Mikroskop für die Nanowelt. Trifft die Strahlung auf ein Nanopartikel, so ist die gestreute Strahlung dahinter nach einem charakteristischen Muster räumlich verteilt. Aus diesem Muster lässt sich die Gestalt des Nanopartikels berechnen.

Frei statt fixiert

Bisher war eine Serie von Aufnahmen aus verschiedenen Winkeln zur räumlichen Formanalyse nötig. Somit konnte die Form eines Nanoteilchens nur untersucht werden, wenn dieses auf einer Unterlage ruhte. Durch den Kontakt mit der Unterlage wurde das Teilchen aber verformt.

Röntgenstreubild (links) eines Nanopartikels in Form eines Oktaederstumpfs (rechts) mit 200 Nanometern Durchmesser. Bild: Hannes Hartmann/Universität Rostock

Interessiert die natürliche Form eines Nanoteilchens, scheiden derlei Methoden aus. Das Team um Erstautor Ingo Barke von der Universität Rostock wählte einen anderen Ansatz. Sie untersuchten statt fixierter, frei fliegende Teilchen. Ein Teilchen kann im Flug jedoch nur ein einziges Mal abgebildet werden, bevor es dem Untersuchungsbereich entkommt oder durch das intensive Röntgenlicht zerstört wird. Wesentlich für die Konzeption des Experiments war daher, dass das Beugungsbild eines einzigen Laserblitzes bereits die volle räumliche Strukturinformation enthält.

Quelle aus Rostock, Detektor aus Berlin, Licht aus Hamburg

Ihre Idee setzten die Forscher mit maßgefertigten Apparaturen um. Die Gruppe um Professor Karl-Heinz Meiweis-Broer von der Universität Rostock entwickelte eine Probenquelle, aus der die Nanopartikel in einem Gasstrahl verteilt strömten. Das Streulicht fing ein Detektor ein, der einen weiten Bereich um das im Flug belichtete Nanopartikel herum abdeckte. Dieser entstand in der Arbeitsgruppe um Professor Thomas Möller von der TU Berlin.

Röntgenstreubild (links) eines Nanopartikels in Form eines Ikosaeders (rechts) mit 240 Nanometern Durchmesser. Bild: Hannes Hartmann/Universität Rostock

Die Methode funktioniert: Nach theoretischer Analyse der Messdaten wurden zahlreiche hochsymmetrische Formen der freien Silbernanoteilchen sichtbar – seit der Antike als platonische und archimedische Körper bekannt. Sie lagen zum Beispiel vor als Ikosaeder, ein Körper aus zwanzig gleichen Dreiecken, oder als Oktaederstumpf, ein Körper aus acht gleichen Dreiecken, dessen Spitzen gekappt wurden. Der Ikosaeder ist eigentlich nur für extrem kleine Teilchen aus wenigen Atomen besonders stabil. Dass freie Partikel aus rund zehntausend Atomen in dieser Form vorkommen, war bisher nicht bekannt.

Die ultrakurzen und intensiven Laserpulse von FLASH erlaubten den Forschern im Prinzip, schnell bewegte Teilchen kurz und hell zu belichten. Ergänzt durch die Pionierarbeit an den Experimentierapparaten, ließ sich das Potenzial der Strahlung ausschöpfen. Dank des vernetzenden Charakters der BMBF-Förderung im FSP-302, konnten die Forscher diese Ideen entwickeln und umsetzen. »Insgesamt stellt dieses Experiment eine Zusammenarbeit mit Kern im FSP-302 dar, die ohne die BMBF-Förderung nicht funktioniert hätte«, kommentiert Meiwes-Broer.

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